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Königspalast und Abschied
Wir stehen früh auf, denn heute ist die letzte Chance, den
Königspalast zu sehen. Unser Flieger geht um 23:55 Uhr, also haben wir
noch viel Zeit. Gegen 10:20 Uhr checken wir aus und laufen zum Pier.
Unterwegs werden wir überfallen.
Die beiden Räuber tragen keine Masken, dafür aber Uniformen, die sie
als Bandenmitglieder der örtlichen Polizei kennzeichnen und sitzen
zusammen auf einem Moped. Sie schneiden uns den Weg ab und bedeuten,
dass ich stehen bleiben soll und das mache ich natürlich auch. Dann
drücken sie mir ein paar Zettel in die Hand, auf denen in allen
möglichen Sprachen steht, was man darf und was man nicht darf, bzw.
wieviel Strafe es kosten kann, wenn man es dennoch tut. Jetzt dämmert es
mir. Ich habe eine Zigarettenkippe auf die Straße geworfen und
ausgetreten, so wie das die Einheimischen auch machen. Das kostet laut
der internationalen Gebührenordnung bis zu 2000 Baht.
2000 Baht, das muss man sich mal vorstellen. Das ist mehr, als ein
Thailänder auf dem Land in einem Monat verdient. Aber klar, ich bin ja
reich, denn ich bin aus dem reichen Deutschland. Netterweise reduzieren
sie meine Strafe auf 1000 Baht, wahrscheinlich glauben sie nicht, dass
hier jemand 2000 Mücken in Bar dabei haben könnte, aber das ist immer
noch ein irrsinniger Preis. Jetzt mag mancher argumentieren, dass diese
Rumstinkerei und die Kippen überall ja wirklich störend sind und endlich
wird mal etwas dagegen getan, das sei schon gut so. Das makabre an der
Sache ist nur, dass Bangkok von diesem Standpunkt betrachtet ein echtes
Drecksloch ist und ich kann keinem empfehlen, mit einer solchen
Einstellung dorthin zu fahren. Kurz vor dem Überfall haben wir uns noch
darüber unterhalten, dass es in der Straße so stinkt, weil
wahrscheinlich jemand in die Ecke gesch***** hat. Gestern haben wir
jemanden gesehen, der dort um die Ecke an die Wand gepinkelt hat. Aber
das ist auch nicht verboten, jedenfalls nicht laut den Zetteln, die die
beiden Gauner dabei haben, oder zumindest nicht für Einheimische.
Zigaretenkippen sind das allerkleinste Problem in dieser Stadt, wenn es
um Umweltschutz, Gesundheit und Sauberkeit geht.
Ich muss einen Haufen Formulare unterschreiben, die ich nicht lesen
kann. Bis auf die Gebührenliste ist alles auf Thai. Aber was solls.
Wenn ich mich jetzt querstelle, lande ich wahrschenlich auf dem
Polizeirevier und riskiere, den Flug heute nacht nicht mehr zu
erwischen. Also zahle ich. Die 1000 Baht hätten wir noch gut brauchen
können. Mistsäcke. Außerdem ärgere ich mich, dass ich meinen sonstigen
Müll immer mit mir rumgeschleppt habe, bis zum nächsten Mülleimer und
nicht wie die Thais, einfach auf den Boden geworfen habe.
Das Boot hats in sich. Es ist rappelvoll und das Personal ruft die
ganze Zeit den Einsteigern zu "one side, one side", damit alle
draufpassen. Leider sagen sie nicht welche Seite sie gerne hätten und so
ist das ein heilloses Chaos. In Si Phraya steigen wir aus, laufen zum
Bahnhof, mogeln uns an den hilfsbereiten Auskunftgebern durch und laden
das Gepäck ab.
Zum Palast fahren wir mit dem Bus Nr. 53 für 4 Baht pro Person. Den
Tipp haben wir von der Auskunft im Bahnhof. Yasmin fragt noch, ob der
Palast heute offen hat und ja, er hat offen. Er hatte allerdings auch
gestern offen. Seltsam. Der Bus ist ja günstig, aber dafür Holzklasse
und die Fahrt geht quer durch Bangkok und dauert ewig. Diesmal finden
wir den Eingang. Das erste, was mir auffällt ist eine Hinweistafel am
Eingang auf Thai und Englisch, die verkündet, dass man zu Leuten, die
einem eine Boots- oder Tuktukfahrt aufschwätzen wollen, "nein" sagen
soll. So ein Mistkerl, der Lehrer von gestern. Der hat uns vollkommenen
Blödsinn erzählt, weil er seine Bootsfahrten verkaufen wollte und wir
haben das auch noch geglaubt. Der war auch nicht beleidigt, er konnte
einfach nur kein Geschäft mit uns machen und hat sich neue Kunden
gesucht.
Aber heute geht alles klar. Für den Eintritt in den Palast muss man
ordentlich gekleidet sein. Das bedeutet, die Schultern müssen bedeckt
sein und die Hose muss bis über die Fußknöchel gehen. Seltsamerweise
sind hinten offene Schuhe verboten, vorne offen ist aber OK. Yasmins
Hose erfüllt leider nicht die hoheitlichen Kriterien, denn sie ist etwa
5 Zentimeter zu kurz. Dafür kann man sich dann unentgeltlich
entsprechende Zusatzkleidung ausleihen, in ihrem Fall ein einfacher
langer Rock. Für Einheimische und speziell für die Landbevölkerung gilt
das nicht so streng. Letztere dürfen sogar mit Badeschlappen rein.
Frauen mit kurzen Röcken übrigens auch, wie wir später feststellen. Es
lebe das Patriarchat.
Die Tickets kosten 200 Baht pro Person und berechtigen zum Eintritt
in den Palast, die königliche Waffensammlung sowie einem Münz-Museum.
Auch hier werden alle Eingänge von Steinfiguren bewacht. Hier sind sie
allerdings wesentlich grimmiger, rot oder grün und sie erhalten oft
Unterstützung durch echte Wachen mit Gewehren. Das Areal ist um einen
großen Tempel angelegt.
In dem Tempel steht ein Jade-Buddha, der aber fälschlicherweise als
Smaragd-Buddha bezeichnet wird. Die Thais haben diesen vor ein paar
hundert Jahren aus Chiang Mai geraubt und genaugenommen ist das eine
Art Kriegsbeute. Dort ist leider fotografieren verboten. Besucher
des Tempels werden von zahlreichen Aufpassern angehalten, sich innen auf
den Boden zu setzen, wobei die Füße immer weg von der Statue zeigen
müssen. Das Museum, für das wir eigentlich auch noch gezahlt haben,
sehen wir uns nicht mehr an. Nach einen Abstecher in eine fade
Waffenausstellung gehen wir zurück zur Bushaltestelle. Die Faszination
von so etwas werde ich wohl nie verstehen.
Für den Rückweg nehmen wir den Bus Nr. 25, der ist nämlich mit
Klimaanlage und braucht außerdem weniger Zeit. Dafür kostet er auch 8
Baht pro Person. Bei 1,90m Größe kann man allerdings in diesem Bus weder
richtig stehen, noch sitzen. Die Decke ist zu niedrig, so dass ich immer den
Kopf schräg halten muss, die Sitzreihen sind zu dicht beieinander.
Am Hua Lamphong gibt dann erst mal wieder ordentlichen Kaffee,
anschließend kaufen wir die Fahrkarten zum Airport Don Muang. Der Zug,
mit dem wir dann fahren, bleibt laufend stehen und hält seinen Fahrplan
nicht ein. Und wieder bekommen wir ein Beispiel, wie hilfsbereit die
Leute in diesem Land sind. Eine junge Frau, die kaum englisch spricht
und gesehen hat, dass wir verunsichert laufend aus dem Fenster schauen,
weil wir nicht wissen, wo wir gerade sind, setzt sich uns gegenüber und
versucht herauszufinden, wo wir hinwollen. Ganz schön schwierig, ohne
gemeinsame Sprache. Sie versteht es aber und bedeutet uns, dass sie uns
Bescheid gibt. Sie steigt an einer Station aus und macht uns klar, dass
wir an der nächsten raus müssen.
Der Zug hält und es ist die richtige Station. Diesmal finden wir
sogar den direkten Zugang in die Flughafenhallen. Zum Einchecken ist es
noch zu früh, wir müssen noch etwas Zeit absitzen. Drei junge Leute
kommen auf uns zu und fragen, ob sie uns ein paar Fragen stellen können.
Sie studieren Hotelfachwesen und sind in einem Projekt, bei dem sie
Touristen über alles Mögliche befragen müssen. Klar können sie, wir
haben noch lange Zeit und es ist eine nette Abwechslung.
Die Fragen, sauber in englisch auf einem Blatt notiert, sind leider
ziemlich allgemein gehalten. Wie gefällt einem das Land, wie die Kultur, die
Leute, was soll man verbessern. Aber gut, wenn es das ist, was sie wissen
wollen. Abschließend wollen sie noch ein Foto mit uns, wahrscheinlich um
die Arbeit zu belegen. Das nutze ich doch auch mal aus. Auf Fotos
lächeln sie gleich noch toller, die Thailänder.
Der Check-In wird um 20:00 Uhr angekündigt und wir spurten los, denn
wir wollen mal nicht die letzten sein. Netterweise hat Swiss Air
Hinweisschilder an den Schaltern aufgestellt, denn die machen
tatsächlich erst um 21:00 Uhr auf. Bravo, jetzt sitzen wir eine Stunde
vor den Schaltern. Aber wir sind die ersten und das Einschecken geht
erfreulich schnell. Dann müssen wir noch die Ausreisegebühr bezahlen.
Dazu gibt es Automaten, die man mit 500 Baht füttern muss. Ohne die
Quittung kann man das Land nicht verlassen. Wir sind jetzt Pleite.
Im Airbus ist der Platz deutlich besser, als beim letzten Mal. Wir
sitzen gleich hinter der Business Class and der Trennwand und dort kann
ich sogar die Beine übereinanderschlagen. Gerade so. Zum Ausstrecken
reichts nicht, aber ich komme ohne Druckstellen an den Knien am Ziel
an. Unsere Abflugtemperatur beträgt jetzt um Mitternacht 30°C.
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