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Bahnmarathon
Etwa um 5:00 Uhr werden wir von der Bettzuklappbrigade geräuschvoll
geweckt. Yasmin geht es leider nicht so gut. Brechreiz und Durchfall
haben sie in der Nacht heimgesucht. Meine Erkältung ist auch nicht
besser geworden, der Hals tut jetzt auch noch weh.
Mit etwas Verspätung kommen wir um 6:45 am Bahnhof an. Beim
Aussteigen haut es uns fast um. Es hat schätzungsweise 30°C bei bestimmt
80% Luftfeuchtigkeit. Sogar meine Brille beschlägt ein wenig. Wir
schleppen uns zu Coffebucks und trinken Kaffee und Tee. Yasmin lernt
dort die Nähe zur Toilette schätzen.
Wir wollen aber nicht den Tag im miefigen Bahnhof verbringen und
deponieren erst mal unser Gepäck. Draußen ist es leider auch kaum
angenehmer, nur manchmal bewegt sich die Luft etwas. Wir wollen nach
Banglampoo, dort soll es recht schön sein und wir haben einen Tipp
bekommen, dass man im "Sawasdee" gut relaxen kann. Außerdem steht noch
das Frühstück aus.
Wir nehmen eins der üblichen Bus-Boote auf dem Fluss Menam Chao
Phraya, die auch von den Thais benutzt werden. Interessant ist hier,
dass die Plätze, die bei uns für Behinderte reserviert wären, zwar auch
reserviert sind, allerdings für Mönche. Diese dürfen auch umsonst mit
den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Wie auch sonst. In der Regel
dürfen sie keinen persönlichen Besitz haben und können so auch keine
Fahrkarten kaufen. Wir fahren eine halbe Stunde flussaufwärts bis wir
merken, dass wir viel zu weit sind. Also müssen wir an der nächsten
Station raus und auf das Boot in die andere Richtung warten. Den
Fahrpreis von 8 Baht kann man da noch verschmerzen, aber es ist bereits
9:30 Uhr, 35°C und wir hatten immer noch keinen Kaffee.
Wir finden endlich das Sawasdee und bekommen das Frühstück, das bei
Yasmin sogar am dafür vorgesehenen Platz bleibt. Das Hotel selber sieht
schick aus. Eine große abgestufte Terrasse aus Teakholz und eine
unglaubliche Anzahl an Decken- und sonstigen Ventilatoren prägen das
Bild, laden aber auch zum Ausruhen ein. Zeit, den ersten Schwung
Postkarten auf den Weg zu bringen, die wir noch in Chiang Mai gekauft
hatten.
Wir suchen ein paar Sehenswürdigkeiten raus, zu denen wir noch
wollen. Auf dem Weg sprechen uns mehere Tuktuk-Fahrer an und wollen uns
für 20 Baht überall hinfahren. Zwei Thailänderinnen meinen, irgendwie zu
Recht, dass wir uns verlaufen haben und die eine erklärt uns etwa zehn
Minuten lang, wo man alles hin muss in Bangkok. Sie wollen uns auch ein
Tuktuk organisieren, denn heute ist irgendeine Aktion und die Tuktuks
sind billiger. Aber neenee, wir laufen lieber und zwar erst mal zum
Golden Mount. Wir finden das zwar nicht, aber ein Tuktuk-Werber findet
uns. Er erzählt, dass nur noch heute eine Promotion stattfindet, bei der er
Benzingutscheine bekommt, wenn er Touristen befördert. So ganz leuchtet
uns das nicht ein und ich frage nochmal "no factory?". Er sagt nein,
er will nur die Gutscheine und von uns nur 20 Baht. Wir lassen uns
überreden.
Die Fahrt selber ist echt gut, alleine wegen des Fahrtwindes. Zuerst
besuchen wir den "Stehenden Buddha". Der ist etwa 45 Meter hoch und wird
gerade geschmückt, vielmehr wird ihm eine Art Schärpe umgelegt. Als
zweites kommt der "Lucky Buddha". Im Tempel betet gerade ein angehender
Lehrer, der bald seine Abschlussprüfung hat, dass alles klappt. Er
erzählt uns, dass er sich freut, weil der Lucky Buddha nicht jeden Tag
geöffnet ist und er wohl sehr gerne dort hin geht. Die nächste Station
ist ein Schneider.
Wir schauen uns an und ich frage mich, was wir hier sollen. Die
Erklärung ist einfach. Der Tuktuk-Mann bekommt Provision in Form eines
Benzingutscheins, wenn wir etwas kaufen. Der Besitzer zeigt uns Kataloge
und will nur 150 EUR für einen maßgeschneiderten Anzug. Wir müssen ihn
nicht mal drauf warten, nein, wir können am Ende unseres Urlaubs
nochmal vorbeikommen und ihn dann abholen. Abgesehen davon, dass 150 EUR
hier für einen Anzug zuviel sind, ist das in der
Urlaubskasse nicht vorgesehen und wir wollten gar nichts kaufen. Das
machen wir dem Mann klar und sehen zu, dass wir aus dem Laden wieder
raus kommen. Der hat volles Verständnis dafür und selbst der Fahrer ist
nicht verärgert. Vielleicht haben wir uns ja doch getäuscht und wir
haben doch keine thailändische Butterfahrt gebucht.
Wir fahren weiter zu einem Kloster, in dem sich ein "sitting Buddha"
befinden sollte. Der geübte Leser erkennt bereits am Konjunktiv, dass
sich die Sache anders entwickeln wird. Auch nachdem wir eine Zeit lang
über das Gelände geirrt sind, finden wir keinen "sitting Buddha", dafür
aber ein paar Mönche, die auf die Frage nach diesem Buddha in herzliches
Gelächter ausbrechen. Sie erzählen, dass sie laufend Probleme mit
Tuktuk-Fahrern haben, die ihre Kundschaft an Orte bringen, die
eigentlich gar nicht für Touristen vorgesehen sind. Einen sitzenden
Buddha als etwas Besonderes anzupreisen sei auch alleine daher unsinnig,
da die meisten Buddhas sitzen. Nachdem wir noch ein wenig nett mit den
Mönchen geplaudert haben, gehen wir zurück, dem Fahrer die Meinung
sagen. Der entgegnet mit so etwas wie "oops". Weiter macht ihn die Sache
aber nicht betroffen.
Er will uns zur nächsten Station fahren. Wieder eine "Factory" und
wir sagen nein und versuchen ihm klar zu machen, dass das nicht
ausgemacht war. Wir hatten vereinbart, zu keinem Laden zu fahren.
Punktum. Er will aber und sagt bittebitte, aber da gibt es keine
Kompromisse. Jetzt wird er patzig und verlangt 200 Baht von uns, denn das
Geld sei ihm ja entgangen, weil wir nicht mitspielen. Wir haben 20 Baht
ausgemacht und genau das drücke ich ihm in die Hand, nachdem wir
ausgestiegen sind. Ich überlege noch, ob ich jetzt meine natürliche
Autorität (einen Kopf größer) ausspielen muss, aber er lässt es bei ein
paar wilden Flüchen bleiben und knattert davon. Das ist halt die Sache
mit der freien Marktwirtschaft, damit kommt zwangsläufig auch die Gier
nach mehr. Ansonsten sind die Thais wohl ein Volk, das mehr im Heute lebt
und nicht viel in die Zukunft vorausplant.
Jetzt stehen wir um 14:00 Uhr irgendwo in Bangkok und haben keinen
Plan, wo wir genau sind. Nach kurzer Sucherei nehmen wir ein Taxi und
lassen uns zum Bahnhof zurückfahren. Der Fahrer hat sein Taxameter
abgeschaltet, denn wir haben den Preis von 100 Baht vorher
ausgehandelt. Wahrscheinlich bekommt er ein paar Baht mehr auf diese
Art aber ich denke mir, so ein klimatisiertes Taxi ist Luxus und muss
auch entsprechend bezahlt werden. Außerdem tun mir die Füße weh und es
ist zu heiß zum Denken (ein Paradoxon?).
Zum weiteren Abkühlen gehen wir direkt am Bahnhof ins Kentucky Fried
Chicken auf eine Cola. Die Temperatur untertrifft alles bisher
Dagewesene. Nach nur fünf Minuten frieren wir wie die Schneider und gehen
wieder. Das Halsweh kostet mich Nerven. Ich habe in einer Pharmacie ein
Mittel gekauft, das den Hals beruhigen soll. Es wirkt nur leider trotz
Überdosierung nicht. Der Apotheker allerdings war fit. Er konnte gleich
den europäischen Markennamen dazu nennen und hat extra etwas ohne
Antibiotika gewählt, weil er weiß, dass die Europäer im Gegensatz zu den
Asiaten nicht gleich zum Penicillin greifen.
Der Rest des Nachmittags zieht sich wie junger Gouda bei 60°C.
Nachdem wir uns drei Stunden in der Hitze herumgedrückt haben, ist
endlich 18:00 Uhr und wir können die letzten Vorbereitungen treffen. Wir
kaufen noch etwas Proviant, zwei Liter Wasser und schicken die
Postkarten los. Einen Briefkasten finden wir zwar nicht, aber am
Informationsschalter nimmt man sie entgegen und verspricht, sie auf den
Weg zu bringen. Dann besteigen wir den Zug. Diesmal ist es einer ohne
Klimaanlage.
Schnell wird der Unterschied klar. Wenn die Sonne draufscheint, ist
der Zug ohne Klimaanlage ein Backofen. Unserer hat Ventilatoren und ist
damit eher vergleichbar mit einem Umluftbackofen. Die Ausstattung wirkt
hier ein wenig abgenutzter, die Fahrkarte ist auch billiger. Das
Personal ist aber genauso freundlich. Warmes Essen gibt es hier nicht.
Jedenfalls fragt keiner.
Als der Zug um 19:00 Uhr startet, stellt sich endlich eine
erträgliche Temperatur ein. Erst gegen 21:00 Uhr, als der Zugbegleiter die
Betten ausklappt, ist es angenehm. Ich kann mittlerweile kaum noch
sprechen. Der Hals tut zwar kaum noch weh, das Medikament scheint doch
zu wirken, aber die Stimme versagt. Echt ärgerlich.
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