Schon als Chris noch ein kleines Kind war, sah er seine Eltern nur
selten. "Werdet ihr bald wieder kommen, wenn ich brav bin?"
hatte er sie immer gefragt, als sie sich verabschiedeten, und sie
versprachen es ihm. Er hatte ihnen geglaubt, doch meistens bekam er
dann doch nur Geschenke geschickt. Bevor er Sonic traf, fühlte
sich Chris oft sehr einsam. Daher brachte er es nicht fertig, sich
nun wieder von Sonic zu trennen und schloß das Dimensionstor
in Sonic's Welt, bevor dieser hindurch gehen konnte.
"Sonic, komm mit!" ruft Chris, packt Sonic bei der Hand und
flüchtet mit ihm in den Wald. Seine Eltern sind zu überrascht,
um zu reagieren.
"Chris..." versucht Sonic mit seinem Freund zu reden, doch
Chris kann an nichts anderes denken als Sonic bei sich zu behalten. Da
plötzlich hält Sonic seinerseits die Hand von Chris fest
und übernimmt die Führung. Chris ist verwundert, doch dann
lächelt er. Sein Traum scheint in Erfüllung zu gehen: er
und Sonic fliehen gemeinsam. Da es bereits Nacht geworden
ist, können Topaz und Tanaka die beiden nicht mehr aufspüren.
Ein neuer Tag bricht an, und Chris fragt sich, wohin er nun gehen soll.
"Überall ist OK," erwidert Sonic. Aber zürück
kann Chris nicht mehr, also was tun? Er borgt sich daher erst einmal
ein am Straßenrand liegendes altes Fahrrad und fährt davon.
Sonic hat es sich auf dem Gepäckständer bequem gemacht.
Chris und Sonic haben die Stadt verlassen und radeln die Landstraße
entlang. Schließlich legen sie an einer Raststätte eine Pause
ein. "Wohin sollen wir gehen?" fragt Chris erneut. "Wo immer
Du hin willst," antwortet Sonic. Aber Chris kann sich nicht
entscheiden.
"Gibt es denn keinen Ort, an den Du gerne möchtest?"
will er von Sonic wissen.
"An den meisten Orten bin ich schon gewesen," erklärt Sonic.
Denn während seiner vielen Renn-Ausflüge ist er weit herum
gekommen. Es ist typisch für Sonic, immer irgendwo unterwegs zu
sein.
Da werden im Fernsehen die neuesten Nachrichten gezeigt. Der Sprecher
berichtet, daß Chris Thorndyke, der Sohn des Vorsitzenden der
Thorndyke-Corporation verschwunden ist und eine Suchaktion gestartet
wurde. "Chris, bitte komm zurück!" jammert seine Mutter
in einer oskarverdächtigen Vorführung in die Kamera, bei
deren Anblick sich sogar Sonic räuspern muß. Chris
hält es für besser, schnell wieder aufzubrechen, bevor
ihn jemand erkennt.
Chris ist sauer, daß seine Eltern die ganze Sache in der
Öffentlichkeit breit treten. "Was denken die sich nur?"
fragt er sich wütend.
"Na ja, natürlich sorgen sie sich um Dich..." antwortet Sonic.
"Aber nur bei so seltenen Gelegenheiten wie dieser! Ansonsten..."
Doch da bemerkt er hinter sich mehrere Suchhubschrauber, die schon
bedenklich nahe gekommen sind. Sonic springt vom Gepäckständer.
"Willst Du aufgeben?" fragt er Chris.
"Nein!" ruft Chris verzweifelt.
"In Ordnung, warte hier!" Sonic rennt im Supertempo die
Straße hinunter, hält einen Lastwagen an und bittet den
Fahrer, Chris und ihn als Anhalter mitzunehmen. So können sie
von den Hubschraubern nicht mehr entdeckt werden.
In den Bergen steigen Chris und Sonic aus und wandern den Hang hinauf.
Chris beginnt sich zu wundern, warum Sonic immer hinter ihm geht, so als
wolle er ihn beschützen. Um ihm zu zeigen, daß er gar nicht
so schwach ist, wie er vielleicht wirkt, beginnt Chris voraus zu rennen.
Doch in seinem Eifer stolpert er über einen Stein und fällt
hin. Im Bruchteil einer Sekunde ist Sonic bei ihm. "Ist alles in
Ordnung?" fragt er besogt.
"Schon gut, ich komme klar," antwortet Chris und läuft weiter
bis zum Gipfel.
Inzwischen setzen die Thorndykes alle Hebel in Bewegung, um ihren Sohn
ausfindig zu machen. Mr. Thorndyke telefoniert pausenlos.
"Erweitern Sie den Suchradius! Schicken Sie alle verfügbaren
Polizeikräfte! Setzen Sie Überwachungssatelliten ein, egal was
es kostet!"
"Wenn Chris zurück kommt, sollte ich ihm sein Lieblingsessen
kochen und ihm ein Geschenk kaufen," redet Mrs. Thorndyke dazwischen.
"Ruf gleich im Supermarkt an!"
Da kommt Großvater Chuck mit Ella und Butler Tanaka ins Zimmer.
"Ihr kennt nichts als eure Arbeit und seid nie zu Hause," hält
er ihnen vor. "Dadurch ermöglicht ihr Chris zwar ein Leben im
Luxus, aber es gibt auch Dinge, die wichtiger sind als Geld!"
Und endlich wird den Thorndykes klar, daß Chris keinen Reichtum
braucht, sondern vor allem Eltern, die für ihn da sind und Zeit
für ihn haben.
Auf dem Berggipfel erblicken Chris und Sonic eine kleine Berghütte
inmitten der wunderschönen Landschaft. Chris erinnert sich, daß
er vor langer Zeit schon einmal als Kind hier gewesen ist. Die Hütte
scheint schon seit Jahren nicht mehr benutzt worden zu sein, vor der
Tür hängt jedoch ein Schloß, das Chris nicht knacken
kann. Als Sonic es versucht, ist ein lautes Klirren zu hören, und
er hält das gesamte Schloß in der Hand.
"Ups, ich hab es wohl kaputt gemacht," meint er verschmitzt.
In der Nacht will Chris vor dem Haus ein Lagerfeuer machen und hat auch
schon einen Stapel Feuerholz zusammen gesucht. Auf dem Rückweg
stolpert er jedoch, und wieder ist Sonic sofort bei ihm, um ihn samt
Feuerholz aufzufangen. "Alles in Ordnung?" fragt er wieder.
"Danke, ich komme schon klar," entgegnet Chris und nimmt das
Feuerholz wieder an sich.
Endlich brennt das Lagerfeuer, aber Chris fragt sich, warum Sonic
überhaupt nicht wütend auf ihn ist. Immerhin ist es doch
seine Schuld, daß Sonic nun nicht mehr zurück in seine Welt
kann. "Sonic, warum bist Du mit mir gekommen?" fragt er
schließlich vorsichtig.
"Na ja, Du bist doch mein Retter," erklärt Sonic und spielt
damit auf seinen Sturz in den Swimming-Pool der Thorndkyes an, aus dem
Chris ihn am Ende von Folge 1 gerettet hat.
"Was, dann bist Du nur geblieben, weil Du Dich verpflichtet
fühlst?" ruft Chris. "Nicht weil wir Freunde sind?"
"Chris... Freundschaft ist wie Freiheit. Du kannst frei entscheiden,
wo und bei wem Du bleiben möchtest," versucht ihm Sonic zu
erklären. Denn Sonic fühlt sich eigentlich überall wohl.
Er hat seine Geschwindigkeit und kann laufen, wohin er will, so frei wie
ein superschneller Igel eben ist.
"Aber heute bist Du nicht fortgelaufen," stellt Chris fest.
"Ich bin der Grund, warum Du bleibst. Ich raube Dir die
Freiheit... und verrate unsere Freundschaft damit."
Chris beginnt zu weinen. Er wollte einfach nur nicht mehr allein sein.
Wenn Sonic nicht mehr da wäre, wen sonst hätte er denn noch?
Seine Eltern...
"Ich bin ein Feigling," stellt er traurig fest.
"Das glaube ich nicht," widerspricht ihm Sonic da. "Du bist
ohne Zögern in den Pool gesprungen, um mich zu retten. Allein
wäre ich dort nie raus gekommen."
Chris umarmt seinen Freund. So verschieden sind Sonic's Welt und die
Erde tatsächlich nicht.
Mr. und Mrs. Thorndyke eilen durch die Nacht. Auch sie haben sich an
die alte Hütte in den Bergen erinnert, wo sie mit Chris einmal den
Sommer verbracht haben. Der einzige Sommer, in dem sie zusammen waren.
Atemlos erreichen Sie ihr Ziel, und wirklich finden sie dort ihren Sohn
Chris. Sonic jedoch ist verschwunden.
|