Endspiel um die Deutsche Meisterschaft am 21.6.1936:Poststadion Berlin / 45.000 Zuschauer1. FC Nürnberg - Fortuna Düsseldorf 2:1 n.V. (1:1,1:1) 1. FCN: Köhl - Billmann, Munkert - Hans Uebelein I, Carolin, Oehm - Gußner, Eiberger, Friedel, Schmitt, Schwab Fortuna Düsseldorf: Pesch - Janes, Bornefeld - Mehl, Bender, Czaika - Albrecht, Wigold, Nachtigall, Zwolanowski, Kobierski Schiedsrichter: Alfred Birlem (Berlin) Tore: 0:1 Nachtigall (3.), 1:1 Eiberger (34.), 1:2 Gußner (120.) |
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Deutscher Meister 1936 |
Ziemlich exakt dtei Monate vor dem Endspiel waren die beiden Finalisten schon einmal auseinandergetroffen. Das damalige Freundschaftsspiel hatte Fortuna Düsseldorf mit 2:0 gewonnen, weshalb die Rheinländer auch leicht favorisiert ins Finale gingen. Doch nach 120 dramatischen Spielminuten waren es die Nürnberger, die das Siegertreppchen betraten, um sich ihren sechsten deutschen Meistertitel abzuholen.
Was am 21.6.1936 im Berliner Poststadion geschah, kann man ohne Umschweife mit "tragisch" umschreiben. Fußball-Fachamtsleiter Felix Linnemann brachte es in seiner Festrede so auf den Punkt: "Es ist nun einmal so, daß bei einem deutschen Endspiel die Glücksgöttin dem Sieger mit einem Flügel winkt. Heute hat sie aber den Nürnbergern mit beiden Flügeln gewunken."
Beide Mannschaften hatten sich seit Samstagnachmittag in der Reichshauptstadt aufgehalten, die am Endspieltag prächtiges Wetter genoß. Sowohl Nürnberg als auch Düsseldorf konnten den 50.000 Zuschauern ihre besten Teams präsentieren; die Sympathien der neutralen Berliner gingen zunächst mit den Nürnbergern. Kaum hatte Schiedsrichter Birlem die Partie angepfiffen, griffen die Rheinländer auch schon vehement an. Nach drei Minuten flankte Kobierski von der Torauslinie in den Club-Strafraum. Nürnbergs Keeper Köhl flog vorbei, und Nachtigall köpfte die Kugel ins Tor. 1:0 - ein Traumstart! Sofort versuchten die Fortunen, den Sack zuzumachen. Unmittelbar nach dem Toranstoß stand Nachtigall schon wieder mutterseelenallein vor Köhl doch der Ball rollte um wenige Zentimeter vorbei. Die Ereignisse überschlugen sich nun, das Publikum war längst auf Seiten der Rheinländer. Kurz darauf mußte Düsseldorfs Bornefeld benommen vom Platz getragen werden, konnte aber rasch wiederkommen. Das alles passiette in den ersten fünf Minuten das Stadion glich einem Tollhaus! Fortuna spielte sich in einen Rausch, der allerdings keine weiteren Tore brachte.
Dann verflachte das Spiel, und beide Teams leisteten sich zahlreiche dumme und unnötige Fouls. Laufend mußten verletzte Spieler behandelt werden. Mitten in dieser zerfahrenen Periode kam Eiberger an den Ball und zirkelte ihn zum Nürnberger Ausgleich an Pesch vorbei ins Tor.
Aufgrund der vielen Verletzungen mußten beide Teams in der Halbzeitpause ihre Taktiken ändern. Düsseldorf kam damit anfangs besser zurecht. "Fortuna spielt jetzt mit Nürnberg", hieß es später, doch die Rheinländer trafen das Tor noch immer nicht. Nach neunzig Minuten stand es weiterhin 1:1, und den entkräfteten Spielern standen weitere dreißig Minuten im Berliner Glutofen bevor.
Fünf Minuten nach Verlängerungsbeginn verwandelte Czaika eine Kobierski-Flanke, doch Schiedsrichter Birlem versagte den Düsseldorfern den Treffer wegen Abseitsstellung. Es ging hin und her, beide Torhüter standen ständig im Brennpunkt. Eine Minute vor dem Spielende hieß es noch immer 1: 1. Keiner konnte mehr richtig laufen, alle sehnten den Schlußpfiff herbei. Da erhielt Nürnberg einen Freistoß zugesprochen. Friedel schoß, Janes wehrte ab, doch der Schiedsrichter hatte den Ball noch nicht freigegeben und verlangte Wiederholung. Plötzlich ging alles ganz schnell: Friedel sah Gußner freistehend vor dem Fortuna-Gehäuse, schob ihm den Ball zu, und aus 22 Metern zog der Nürnberger unhaltbar ab. 2:1 für Nürnberg! Sekunden später pfiff Birlem das Spiel ab und der 1. FC Nürnberg war Deutscher Meister.
Mit hängenden Köpfen schlichen die Fortunen vom Spielfeld, das Publikum verließ kopfschüttelnd das Stadion. Nur eine kleine Traube weinrot gekleideter Menschen feierte enthusiastisch.
Als Felix Linnemann den Nürnbergern die Viktoria überreichte, hatten alle auch die Nürnberger Mitleid mit den Düsseldorfer Fortunen. Nie hatte eine Mannschaft tragischer verloren.
(Spielbericht entnommen aus Hardy Grüne "Vom Kronprinzen bis zur Bundesliga")