Endspiel um die Deutsche Meisterschaft am 24.6.1934:Grunewaldstadion Berlin / 45.000 Zuschauer1. FC Nürnberg - FC Schalke 04 1:2(0:0) 1. FCN: Köhl - Popp, Munkert - Kreisel, Billmann, Oehm - Gußner, Eiberger, Friedel, Schmitt, Kund FC Schalke 04: Mellage - Bornemann, Zajons - Tibulski, Szepan, Valentin - Kalwitzki, Urban, Nattkämper, Kuzorra, Rothardt Schiedsrichter: Alfred Birlem (Berlin) Tore: 1:0 Friedel (51.), 1:1 Szepan (88.), 1:2 Kuzorra (89.) |
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Deutscher Vize-Meister 1934 |
24. Juni 1934, Grunewaldstadion Berlin: Elf königsblau gekleidete Fußballer rennen verzweifelt auf ein Holzgestänge zu. 45.000 Menschen reiben sich verzückt die Augen ob der Leichtigkeit, mit der die Lederkugel zwischen den elf Männern pendelt, und raufen sich gleichzeitig die Haare, weil dieselben elf Männer es einfach nicht schaffen, mit dem 71 cm großen Ball das 18 m2 große Tor zu treffen. Seit der 51. Spielminute führt der 1. FC Nürnberg mit 1:0, und Schalkes zweite Endspielniederlage in Folge scheint besiegelt. Mit dem Mute der Verzweiflung berennen die Westdeutschen das Club-Gehäuse. Zwei Minuten vor Spielschluß werden ihre Anstrengungen endlich belohnt: Fritz Szepan steigt nach einem Eckball am höchsten und erwischt die Kugel mit dem Kopf. Unendlich langsam senkt sie sich zum Ausgleich ins Nürnberger Tor: Der Bann ist gebrochen, den entnervten Nürnbergern schwant nun Böses. Selbst der erfahrene Luitpold Popp ist nervös und läßt sich von Kalwitzki noch am Anstoßkreis den Ball abnehmen. Die Kugel kommt zu Ernst Kuzorra, der mit schmerzverzerrtem Gesicht ein, zwei Schritte geht und dann aus fünfzehn Metern einfach draufhält. Daß er den Ball zum Schalker Siegtor ins Nürnberger Netz befördert hat, bekommt Kuzorra nicht mehr mit: Seit vielen Minuten spielt er mit einem Leistenbruch und bricht nach dem Schuß ohnmächtig zusammen!
Es war das spannendste Duell, das der deutsche Fußball zu liefern hatte. Die pikanterweise vom Ex-Nürnberger "Bumbes" Schmidt trainierten Schalker konnten ebenso wie die Franken in Bestbesetzung antreten. Unter schweren Gewitterwolken brannten die Gelsenkirchener im ersten Spielabschnitt ein wahres Kombinationsfeuerwerk ab. Ahs und Ohs gingen durchs Publikum, das sich von Minute zu Minute mehr auf Schalkes Seite schlug. Doch zur grenzenlosen Erleichterung von Nürnbergs Trainer Alfred Schaffer ging es torlos in die Halbzeit. Sechs Minuten nach Wiederbeginn brachte Friedel die Franken sogar in Führung. Wie im Vorjahr schien Schalke in Schönheit zu sterben. "Noch vierzig Minuten, das schaffen wir", raunten sich die Königsblauen zu, doch trotz deutlicher Feldüberlegenheit wollte einfach kein Tor fallen. Auch als Läufer Szepan zwanzig Minuten vor Spielschluß in den Sturm wechselte, hielt das Nürnberger Abwehrbollwerk.
Dann kamen diese irren zwei Minuten, in denen Szepan zunächst den Ausgleich und Schwager Kuzorra kurz darauf den Siegtreffer erzielten. Der anschließende Schlußpfiff ging im Jubel des Publikums unter, das mit den Schalkern gebangt hatte und nun dem Fußballgott dafür dankte, daß er Gerechtigkeit hatte walten lassen. Mitten im Schalker Siegestaumel sah man Ernst Kuzorra, der mit Leistenbruch aus der tobenden Menge getragen wurde. Er weinte, und man wußte nicht: Sind es die Schmerzen, oder ist es die Freude?
(Spielbericht entnommen aus Hardy Grüne "Vom Kronprinzen bis zur Bundesliga")