Das interdisziplinäre Pilotprojekt „Herzo Base – Energiespeicherhäuser“ ist im Rahmen der Forschungsaktivitäten der Technischen Hochschule Nürnberg am Energie Campus Nürnberg und in Zusammenarbeit mit mehreren Partnern der Industrie und der Stadt Herzogenaurach entstanden. Das Projekt wurde gefördert von Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Es umfasst die Planung, Errichtung, Betriebsoptimierung und das Monitoring eines Reihenhaus-Komplexes mit einem über den Stand der Technik hinausgehenden, innovativen Gesamtkonzept, das den Plusenergiehaus-Standard nach EnEV 2014 weit übersteigt.
Einen Überblick gibt das kurze
Video und der Projektsteckbrief.
Ziel des Projektes ist es, eine über den Stand der Technik hinausgehende Entwicklung in der Wärmedämmung, Energieerzeugung, -speicherung und -versorgung eines Reihenhauskomplexes zu erreichen. Der aus acht Wohneinheiten bestehende Reihenhauskomplex soll als Modellvorhaben für energieeffizientes Bauen und nachhaltige Energieversorgung eines Wohnquartiers im Plusenergiehaus-Standard sowohl im Baugebiet Herzo Base als auch in anderen Gebieten dienen.
Das Gebäude wurde unter Verwendung von Standardziegeln mit integrierten neuen anorganischen hochwärmeisolierenden Materialien errichtet. Eine zentrale, gemeinsam betriebene PV-Dachanlage und ein Li-Ionen Batteriespeicher versorgen die acht Haushalte und das gemeinsame Heizungssystem mit Strom und erreichen bis zu 70% Energieautarkie durch optimierte Stromnutzung. Des Weiteren übermitteln die eingesetzte Leistungsoptimierer, an welchen die Solarmodule angeschlossen sind, die Leistungsdaten an einer Monitoring-Plattform und dienen dadurch zur einfachen und kostengünstigen Überwachung der PV-Dachanlage auf Modulebene.
Das Bild links zeigt die prognostizierten monatlichen Erzeugungs-, Verbrauchs-, Netzbezugs- und Einspeisungsdaten der Energiespeicherhäuser. Da die Energiespeicherhäuser mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen, handelt es sich um ein Plusenergiehaus. Durch intensives Energie-Monitoring bei jeder Energieerzeugungs- und Verbrauchsstelle wird die projektierte Energieeffizienz verifiziert und durch eine anschließende dreijährige Langzeitmonitoring-Phase auch dauerhaft messtechnisch nachgewiesen.
Die optimierte Betriebsführungsstrategie des Batteriespeichersystems teilt sich in zwei Teile auf: Normal-Betrieb und Spitzenlastkappung. Die Strategieziele hier sind die Minimierung der Kosten des Netzbezugs, gefolgt von der wirtschaftlich sinnvollen Nutzung der Batterie und der Minimierung der Wechselrichterverluste.
Um den Batterie-Umrichter während des normalen Betriebs wirtschaftlich zu betreiben, wurden minimale Lade- und Entladeleistungen definiert, ab welchen ein Batteriebetrieb effizient möglich ist. Die minimalen Lade- und Entladeleistungen entsprechen ~10% der Nennleistung des Umrichters. Ab diesem Leistungsniveau hat der Umrichter gemäß seiner von Hersteller angegebenen Kennlinie einen Wirkungsgrad von >= 92%. Bei niedrigeren Leistungen fällt der Wirkungsgrad stark ab und ein Betrieb wäre sehr ineffizient.
Die Spitzenlastmanagement-Strategie dient sowohl zur Netzentlastung als auch zur Reduzierung des Leistungspreises für die maximale bezogene Leistung am Netzanschlusspunkt des Gebäudes und den daraus resultierenden Stromkosten. Sie besteht aus der Kombination der Leistungsbeeinflussung von abschaltbaren elektrischen Verbrauchern und der Nutzung der Reservekapazität der Batterie und lässt sich durch vier Stufen realisieren (Abbildung 2). Das Spitzenlastmanagement wird aktiviert, wenn eine drohende 15min-Leistungsspitze am Netzanschlusspunkt erkannt wird.
Während der Sommermonate wird die Batterie schon am Vormittag voll aufgrund eines nicht optimierten „egoistischen“ Ladebetriebs und der hohen Sonnenstrahlung. Dies führt dann mittags zu einer hohen Netzeinspeiseleistung. Um die Anforderungen des KfW-Förderprograms 153 "Energieeffizient Bauen" zu erfüllen, darf die Einspeiseleistung der PV Anlage nicht höher als 60% der installierten Leistung sein. Deshalb ist die Netzeinspeisung auf 60% der installierten peak-Leistung zu begrenzen. Dies hätte zur Folge, dass die eingespeiste Energie und die entsprechende Einspeisevergütung verringert würde.
Aus diesen Gründen wurde insbesondere für die Sommermonate ein zeitgesteuerte Ladebetrieb der Batterie entwickelt (Bild rechts). Die Batterie lädt gezielt um die Mittagszeit, dies führt zu einer niedrigeren Einspeisung und dadurch zu einer Vermeidung der Drosselung der Anlage und einer Steigerung der Einspeisevergütung. Der mögliche Energieverlust für den Eigenverbrauch durch an Tagen mit schlechtem Wetter nicht voll aufgeladener Batterie ist in den Sommermonaten vernachlässigbar.
Im Bild links ist der Vergleich der Monitoring Daten von 2018 mit den ursprünglichen Simulationsergebnisse zu sehen. Die Übereinstimmung ist beim Netzbezug sehr gut, bei der Netzeinspeisung macht sich die Abweichung der Wetterbedingungen in der Realität (2018) gegenüber der Simulation mit dem Referenzwetter mit TRY13 des DWD von 2017 deutlich bemerkbar.
Das Bilod rechts zeigt den berechneten Strom Mix aus PV-, Netz- und Batteriestrom für die Haushalte und die Energiezentrale. Der PV-Anteil der Energiezentrale ist deutlich höher als der der Haushalte wegen des Heizungsbetriebs tagsüber. Der höhere Batterie- und Netzbezugsanteil der Haushalte entspricht dem erwarteten Haushaltsverbrauch abends/nachts. Da die Heizung in der ersten Heizperiode noch auf Standardbetrieb lief, wird für die Heizperiode 2018/2019 ein noch höherer PV-Eigenverbrauch in der Energiezentrale nach der Einsetzung der optimierten, PV-geführten Steuerung erwartet.
(c) 2018 Prof. Kießling, TH Nürnberg