Keine Rose ohne Dornen?

Botaniker sind manchmal furchtbar pingelig. Zum Beispiel wenn sie behaupten, daß Rosen keine Dornen tragen.

Wer sich nun schon einmal beim Rosenschneiden oder beim Leeren der Blumenvase diese spitzen Dinger in die Haut gerissen hat, kann diese Behauptung nicht ganz verstehen. Der Grund für die Verwirrung liegt einfach in einem feinen Unterschied zwischen Dorn und Stachel.

Dasselbe gilt auch für einen anderen Vertreter der Rosengewächse, die Brombeere, oder die rauhen Haare des Boretschs (und aller seiner Verwandten, zu denen auch Vergißmeinnicht zählt).

Gibt es das denn, daß sich Blätter so verändern und zu Dornen werden?

Wenn wir uns die Stechpalme (Ilex aquifolium, englisches Weihnachtsgewächs, und eigenartigerweise nächster Verwandter des Maté-Tees) und eine Kratzdistel (Cirsium vulgare, darunter) anschauen, können wir es leichter verstehen:



Dieses Merkmal erleichtert die Unterscheidung von Kakteen, Euphorbien (Wolfsmilchgewächsen) und anderen, kaktusartig aussehenden stacheligen Pflanzen:

Kakteen - hier die im Mittelmeerraum verbreitete Opuntie - tragen Büschel mehrerer Dornen, die sich aus Sprossen, Blättern und Nebenblättern entwickelt haben:

Dornen sind harte, spitze Blätter oder Sprosse (Stengel, Zweige). Stacheln werden hingegen nur von der obersten Zellschicht der Pflanze, der sogenannten Epidermis, gebildet.

Wer einen Rosenstachel abbricht, erkennt an der Bruchstelle, daß er nicht tief im Pflanzengewebe verwachsen ist, sondern nur eine besondere Struktur der Oberfläche darstellt.




Bei einigen Arten haben die dornigen Blätter nun überhaupt keine grüne Blattfläche mehr - oder es sind zumindest einige der Blätter völlig zu Dornen geworden:





Es ist nicht immer leicht zu entscheiden, ob es sich bei spitzen Pflanzenteilen um Dornen oder Stacheln handelt. Bei der Robinie (oft fälschlich als Akazie bezeichnet) sitzen neben den Blättern zwei Dornen, die sich aus den Nebenblättern entwickelt haben. Sie werden daher als Nebenblattdornen bezeichnet (Nebenblätter sind oft sehr kleine, unscheinbare Blättchen, die links und rechts neben einem großen Blatt sitzen).
Das Bild links zeigt die Nebenblattdornen der Robinie.

Bei manchen Wolfsmilchgewächsen sind die großen Blätter völlig verschwunden oder fallen früh ab, sodaß nur noch die Nebenblattdornen übrig bleiben:

Euphorbien haben - wie erwähnt - stets paarig stehende Dornen.

Einzelne Dornen (Blattdornen) gibt es bei anderen Familien wie Seidenpflanzengewächsen oder Korbblütlern, die auch kaktusartig aussehen können.



Sproßdornen sind meist nicht schwer zu erkennen, sie sehen oft einfach wie blattlose, zugespitzte Zweige aus. In der heimischen Flora finden wir sie z.B. bei der Schlehe (weshalb das Schlehenpflücken so eine Plage ist).

Das nebenstehende Bild links zeigt die Bitterorange, die - wie fast alle Citrusarten - Sproßdornen trägt. Wer sie live sehen möchte, muß übrigens auch gar nicht weit reisen: Der abgebildete Baum steht im Botanischen Garten der Universität Erlangen.



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