Pflanzen
unter dem Rechts: Das Wassernetz (Hydrodictyon) ist ein dankbares Objekt. Die miteinander dreidimensional vernetzten Algenzellen bilden ein zähes, watteartiges, grünes Netz, das im Sommer in vielen Gewässern zu finden ist. |
|
Es geht mit einfachen Mitteln ...
Eine ganz neue, faszinierende Welt der Pflanzen erschließt sich, wenn man sich die Mühe macht, sie unter dem Mikroskop zu betrachten. Hier soll jetzt nicht eine kleine Internetseite ein Lehrbuch der perfekten Mikroskopie ersetzen - vielmehr möchte ich ein paar einfach Tips geben, wie man ohne teure Ausrüstung (ein einfaches Schülermikroskop zeigt schon sehr viel) schnell und einfach wirklich eindrucksvolle Einblicke bekommt und das Frusterlebnis "ist ja alles nur ein unscharfer, schwarzer Batzen", "ich seh' da gar nix" vermeidet. Auch die hier gezeigten Bilder sind mit einfachen Mitteln entstanden.
Die nötige Minimalausrüstung
Ein Mikroskop, Objektträger, Deckgläschen, Rasierklinge, Spiritusbrenner (notfalls eine Kerze), Stecknadel
... ist vielleicht das Wichtigste. Viele Pflanzengewebe sehen nicht nur langweilig aus, sie sind es auch. Manche wären faszinierend, bekäme man sie nur in eine mikroskopierfähige Form. Interessant und geeignet sind z.B. - Querschnitte durch dicke, nicht zu
harte Blattrippen (sie zeigen die Leitgewebe für Wasser und
Nährstoffe) Sehr interessant, aber schwierig zu schneiden sind Koniferennadeln, Hölzer, Frucht- und Samenanlagen; von solchen Objekten sollte man am Anfang Abstand nehmen. |
Die Jochalge Micrasterias ist eine der vielen bizarren Gebilde, die beim Durchforsten des Weihers gefunden werden können. |
Pollen einer Lilium-Art |
Pollenschläuche wachsen in die Narbe einer Sonnenblume |
Die Schnittechnik
Für Objekte,
die geschnitten werden müssen, benötigt man vor allem eine
frische Rasierklinge. Das Objekt wird fest zwischen Daumen und
Zeigefinger gehalten (nicht auf einer Unterlage schneiden!) und die
Klinge in einer Richtung, ohne abzusetzen, schräg
darübergezogen. Mehr ziehen als drücken! Zum Festhalten
kann das Objekt auch zwischen zwei Styroporstücke geklemmt
werden, was u.U. das Schneiden dünner, weicher Objekte
erleichtert. Der erste Schnitt dient in der Regel dazu, eine gerade
Schnittfläche zu erhalten, es folgen mehrere weitere Schnitte,
aus denen man anschließend den besten auswählt. Es werden
die Schnitte ohne Unterbrechung hintereinander geführt, damit
alle Schnittflächen völlig parallel gelingen. Der Schnitt
sollte so dünn wie möglich sein, muß durchscheinend
wirken und braucht nicht größer als wenige Millimeter zu
sein. Übung macht hier schnell den Meister!
Der Schnitt wird
mit der Stecknadel vorsichtig auf die Mitte des Objektträgers
überführt.
Die Präparation
Objektträger und Deckglas
müssen sauber sein!
Der Schnitt bzw. das Objekt werden sofort
mit zwei Tropfen Wasser bedeckt.
Das Deckglas wird von der Seite
her an den Wassertropfen herangeschoben und dann langsam auf das
Objekt gelegt. Dabei vermeidet man Luftblasen, die im Mikroskop als
schwarze Kügelchen zu sehen wären. Das Deckglas sollte auf
der gesamten Fläche (möglichst aber nicht darüberhinaus)
auf Wasser liegen; einen weiteren Wassertropfen kann man bei Bedarf
von der Deckglaskante aus hineinlaufen lassen. Gelingt dies nicht
oder das Deckglas liegt sogar schräg, ist der Schnitt zu dick.
... und dann der Blick in den Mikrokosmos!
Auf die genaue Bedienung des Mikroskops
kann hier nicht eingegangen werden - lediglich an zwei Grundregeln
sei erinnert:
- Jede Beobachtung beginnt mit der kleinsten
Vergrößerung
- Vor dem Scharfstellen nähert man
Objektiv und Objekt einander an, um sie dann - mit dem Auge am Okular
- bis zum scharfen Bild voneinander zu entfernen. Ansonsten kann es
bei größeren Objektiven passieren, daß man das
Objekt mit der Linse durchbohrt, während man ahnungslos ins
Okular linst.
Die perfekte Lösung zum schnellen Färben
Mikroskopische Schnitte, die
unterschiedliche Zelltypen in verschiedenen Farben zeigen, sind für
manche ein Wunderwerk, das sie nur aus Lehrbuchphotos oder
populärwissenschaftlichen Zeitschriften kennen. Dabei ist der
Aufwand gering, wenn man die richtige Färbelösung
benutzt.
Neben den unzähligen Empfehlungen aus der Literatur
ist das - meiner Ansicht nach - genialste Rezept die FCA-Lösung
von Dr. Etzold (Uni Erlangen, u.a. betreute er dort viele Jahre
lang mikroskopierende Studenten in mykologischen und botanischen
Praktika):
Eisessig |
20 ml |
|
Fuchsin |
0,1 g |
(basisches Fuchsin, Neufuchsin, Diamantfuchsin, nicht Säurefuchsin!) |
Chrysoidin |
0,143 g |
|
Astrablau |
1,25 g |
|
Wasser |
ad 1000 ml |
(oder statt Eisessigzusatz in 1 ltr. 2% Essigsäure lösen) |
Diese Menge, einmal gemixt, reicht lebenslänglich. Kleinere Ansätze erfordern allerdings der geringen Substanzmengen wegen sehr präzise Waagen.
Die Anwendung ist geradezu
primitiv:
Der Schnitt wird auf einer Seite des Objektträgers
in 1 - 2 Tr. der Färbelösung gelegt, über der Flamme
mehrfach kurz vorsichtig bis kurz vor den Siedepunkt erhitzt, durch
Zufügen und Absaugen von Wasser gewaschen und in der Mitte des
Glases wie oben beschrieben betrachtet.
|
Blau erscheinen die (dünnen) Wände lebender Zellen,
weiches, evtl. teilungsfähiges Gewebe, Schwamm- und
Assimilationsparenchym. In dickeren Schnitten (wie links) kann die (oft stark verdunkelnde) Färbung der Chloroplasten vorher (nicht im Nachhinein!) durch kurzes Aufkochen in Chloralhydrat (Technik wie beim Erwärmen mit FCA, hinterher sehr gründlich spülen) entfernt werden. Hier ist der sachgerechte Umgang mit dieser Chemikalie besonders wichtig! links: Querschnitt durch den Grashalm einer Festuca-Art. |
Zum Schluß: das mikroskopische Photo
Natürlich gibt es Adapter, die Kamera und Mikroskop miteinander verbinden. Aber natürlich ist so etwas nicht zur Hand, paßt nicht auf die eigene Kamera oder wäre schlicht zu teuer. Darum zum Schluß der simple Tip, mit dem manchmal erstaunliche Ergebnisse möglich sind: Digitalkamera (mit Zoom entfällt der schwarze Ring) einfach vor den Tubus halten. Fertig. Funktioniert.