Einweihung des Gasthauses mit Biergarten Gutmann am Dutzendteich (vormals Wanner)

11. Oktober 2007 – 18.30 Uhr Saal Gutmann

Rü: Ansprache

Liebe Festgemeinde,

keine Angst, ich halte keine Predigt, aber nachdem ich seit über 18 Jahren hier in der Seumestraße wohne, will ich ein paar kurze Anmerkungen zu dem heutigen Ereignis machen, als Bürger dieser Stadt, als Nachbar, und als Pfarrer.

Der Journalist Hanns Schödel, besser bekannt unter seinem Pseudonym Peter Luginsland, schrieb schon im Jahr 1923:

„Der Dutzendteich wurde vom Schicksal erschaffen, damit die lieben Nürnberger wissen, wann ein Sonntag ist. Ein Nürnberger, der an einem Sonntag nicht an den Ufern des Dutzendteiches weilt, weiß gar nicht, dass überhaupt Sonntag ist.“

In der Tat: Das ist eine meiner schönen Kindheitserinnerungen: dass meine Eltern am Sonntag Nachmittag mit uns vier Kindern mit der Straßenbahn zum Dutzendteich fuhren, wo wir manchmal Boot fahren durften, mein Vater dann im hier draußen im Biergarten seine Halbe trank und wir Kinder Limo und Bratwurstbrötchen bekamen. Es war und ist wieder ein „Volksgarten“, mit zivilen Preisen.

Peter Luginsland schrieb  zu den klassenspezifischen Unterschieden in der damaligen Wirtshauslandschaft folgendes:

„Die halbherrschaftliche Seite umfasst den Volksgarten, die Seerose und den tiefer gelegenen Teil des Hauptrestaurants. Dort sitzen kinderreiche Familien und essen aus mitgebrachten ´Freß-kobern` viel Brot und weniger Wurst. Dazu konsumieren sie Dünnbier und geben dem Kellner 5 Pfennige Trinkgeld.

Auf der hochherrschaftlichen Seite – auf der sogenannten ´Terasse` weht ein anderer Wind. Dort sitzen ... die Mitglieder der `eleganten Welt`... und schauen sich gegenseitig mit dem Ausdruck ungeschminkter Selbstachtung in die Augen. Dazu schlürfen sie ´Sorbetos` oder Eiskaffee und rauchen feine Zigarren,  das Stück zu 80 Pfennigen.“

Gott sei Dank! Es ist wieder ein „Volksgarten“ für die kleinen Leute, in dem die „elegante Welt“ natürlich auch Zutritt hat, – aber wir müssen kein Dünnbier trinken, sondern kriegen a gscheits Hefeweizen, die Kellner kriegen hoffentlich mehr Trinkgeld und das Rauchverbot verhindert die stinkenden Zigarren.

Bereits seid dem 17. Jahrhundert war ja der Dutzendteich ein beliebtes Ziel für Ausflügler und Spaziergänger und das Dutzendteichwirtshaus gehörte zu den am häufigsten abgebildeten Gasthäusern der Stadt. Neben der „Waldlust“ und der „Seerose“ war es vor allem das Hauptrestaurant und Terrassencafé, das unter dem Namen „Wanner“ bekannt wurde. Im 2. Weltkrieg zerstört, wurde es mit den damaligen bescheidenen Mitteln und Baumaterialien provisorisch wieder aufgebaut.

Zwei Namen will ich nennen, die für mich eng mit dem Wanner verbunden sind: Wolfgang Hillauer, der den Wanner nach dem Krieg wieder mit aufbaute, der hier in der Bayernstraße wohnte; er ist erst im Juni dieses Jahres hochbetagt mit 90 Jahren verstorben.

Der andere ist der „Kapitän vom Dutzendteich“, der stets braungebrannte Alfred Stoll aus der Herzogstraße, der jahrzehntelang den Bootsverleih machte. Er starb 1994 mit 79 Jahren.

Als ich im April 1989 wieder nach Nürnberg – an die Peterskirche – kam, war der Wanner baulich in einem desolaten Zustand. Jahrelang haben engagierte Bürger, Nachbarn und Besucher des Wanner um seine Erhaltung gekämpft; ich nenne stellvertretend für viele die Besucher des Tanztees und „Caruso“ Gerhard Grocholl, die Nachbarn Günter Raß und Peter Bayer.

Wir haben damals ein Bürgerbegehren „Rettet den Wanner“ gegründet, haben zigtausende Unterschriften gesammelt, haben sie im Rathaus Ihrem Vorvorgänger, Herr Oberbürgermeister Dr. Maly, dem Peter Schönlein überreicht. In diesem Saal und in weiteren Gaststätten der Umgebung hier am Dutzendteich fanden unzählige Versammlungen statt.

Nicht nur schöne Erinnerungen habe ich da: an lautes Geschrei, an unsachliche Polemik, an Verunglimpfung von Kommunalpolitikern.

Freilich: Unser damaliger Antrag, die Konzertmuschel unter Denkmalschutz zu stellen, wurde von der unteren Denkmalschutzbehörde, der Stadt Nürnberg, abgelehnt. Gott sei Dank ist die Konzertmuschel nun endlich unter Denkmalschutz gestellt; sie ist wunderschön renoviert wie der ganze Wanner.

Was gab es nicht alles für Pläne damals: Abriss, und dann Neubau: mal sollte es ein Hotel werden, mal ein Bürohochhaus mit Arztpraxen, mal mit einer Luxus-Seniorenwohnanlage und einem kleinen Biergarten. Ich verkneife mir weitere Einzelheiten, vor allem das Zitieren aus den damaligen Protokollen und Bauanträgen.

Wichtig ist heute: der Wanner wurde erhalten, er ist hervorragend renoviert, ja neugebaut worden dank des Engagements der Bürgerinnen und Bürger, einiger Stadträte, des Oberbürgermeisters und nicht zuletzt eben vor allem dank der Brauerei Gutmann, die sich auf dieses Abenteuer eingelassen hat. Wer eben die Bilder mit der maroden Bausubstanz gesehen hat, der weiß, dass das wirklich ein Abenteuer, war, das viel Geld gekostet hat. Dafür bin ich – und mit mir viele andere – Ihnen, liebe Familie Gutmann, sehr dankbar! Wir alle wünschen Ihnen von Herzen Erfolg!

So feiern wir heute diese Einweihung der Gaststätte Gutmann mit Biergarten, vormals Wanner. Ich fürchte allerdings, liebe Familie Gutmann, Ihnen wird es nicht anders gehen als anderen alten Nürnberger Institutionen auch: Das Kaufhaus der Südstadt ist bei den alten Nürnbergern noch immer der „Schocken“, Merrkur, nicht Horten, nicht Kaufhof.

Aber egal ob Wanner oder Gutmann: Wichtig ist, dass wir hier wieder einen Treff für Jung und Alt haben, wo wir sitzen, feiern, essen und trinken können.

Und das tun wir besonders gern: Wir Franken feiern! Vor allem auch im Freien, im Biergarten.

Das kommt doch eigentlich der fränkischen Seele entgegen: Sich zwanglos treffen, zusammen sitzen, essen und trinken und „a weng“ ins Gespräch kommen. Zum Menschsein gehört das Feiern dazu, die Ausgelassenheit, einmal alle fünf gerade sein lassen. Dabei sollen wir nicht vergesse, was der Apostel Paulus uns zuruft: „Gewährt jederzeit Gastfreundschaft!“

Freilich nicht so, wie es Egon Helmhagen in seinem Buch „Wir Franken“ mal beschreibt:

Mei Freind Fritzla is amal mit seiner „Sellerie-Schneck´n“ in a Lokal nei und dou war scho jeder Tisch besetzt. Allerdings mit jeweils nur einem Gast. „An jed´n Tisch is blouß aaner g´hockt.“ Triotzdem hat sie g´sacht: „Dou geh´mer widder, dou is scho alles vull!“

Diese fränkische Eigenschaft ist für Wirte verhängnisvoll, denn da ist nicht viel verdient, wenn an jedem Tisch bloß a anzicher Gast hockt. Ich wünsch es Ihnen, liebe Familie Gutmann, dass die Tische drinnen und draußen immer gut besetzt sind.

Uns Franken wird ja manchmal nachgesagt, etwas provinziell zu wirken. Na, ja unser Herz öffnen wir nicht gleich jedem. Etwas -vornehme – Zurückhaltung hat auch ihren Charme. Doch es dauert schon, bis wir Fremden und auch Fremdem gegenüber auftauen. Doch wenn das der Fall ist, dann können wir auch ganz schön anhänglich sein.

Der schon zitierte Egon Helmhagen hat einmal über uns gemeint:

Wenn wir den Fremden mal ins Herz geschlossen haben, „dann ghört er dazou, ganz egal wou der herkumma is und wo der zerscht wor.“  .

Doch auch, wenn wir manchmol a bisserler mumpflat (finster) dreinschauer und scho aa  a weng stur und bockig sind, hamm wir Franken unser Herz scho am „rechten Fleck“. Diese Aussage – darauf lege ich Wert! - hat fei nix mit einem bekannten Kommunalpolitiker zu tun.

„Gewährt jederzeit Gastfreundschaft!“ Dem Einheimischen und dem Fremden gegenüber. Das war doch toll, wie bei der Fußballweltmeisterschaft letztes Jahr gerade auch hier am Dutzendteich Menschen aus aller Welt mit uns Nürnbergern gefeiert haben!

Das ist mein Wunsch für den neuen Gutmann im alten Wanner: Dass Junge und Alte, Fremde und Einheimische, Schwache und Bedürftige, Arme und Reiche hier miteinander die fränkische Gastfreundschaft genießen können.

Gott will es so! Jo, fei wergli! Oder: Amen.

Etzert is doch a weng a Predicht worn...